Was die Fahrradfahrerin meinte, als sie ihrem Ehemann beim Vorbeifahren „Japan, nö“ (kurzes „ö“) zurief, kann man nur erahnen. Fremdartig kam’s ihr wohl vor. Die vorn und hinten abgeschrägten Glasfassaden der neuen Bürotrakte sind schon ein Hingucker. Der Zweck dieser technisch nicht ganz unaufwendigen Bauweise ist Marketing. Ein anderer Grund fällt mir nicht ein. Ich habe an dieser Stelle auf das neue Spekulationsobjekt in Bonns jüngstem, direkt am Rhein gelegenen Gewerbegebiet bereits im vorhinein hingewiesen. Ebenso wie auf das heutzutage offenbar unvermeidliche Investitionskauderwelsch, das das Publikum verwirren und die Verkaufschancen erhöhen soll.
Die Fläche, auf der einmal ein Zementwerk stand (ein paar Gebäude und die ehemalige Kaimauer stehen noch), wird nun werbelyrisch und garantiert sinnfrei als „Bonner Bogen“ vermarktet. Das ist ein Stabreim und klingt wie „Coca Cola“ oder „Allianz Arena“. Was ist eigentlich gegen Oberkassel zu sagen, der Stadtteil, in dem die Gebäude tatsächlich liegen? Direkt hinter dem Polizeipräsidium und neben dem Kameha-Hotel. Noch so ein Wortgeschöpf, das verführerisch nach Geld duftet ..
Der Generalanzeiger berichtet – nicht wirklich und merkwürdig enthusiastisch – über den Stand der Vermarktung. Es gibt noch Leerstand. Hilfe ist in Sicht: Wissenschaft, Wirtschaft und Presse werfen sich für die Investoren in die Bresche. Am Geografischen Institut wird demnächst sogar eine Dissertation über das „Vermarktungspotenzial“ der „grünen Stadtelemente“ verfasst. Und diese Großimmobilie ist das leuchtende Beispiel. Ziemlich schräg.
Bürotrakte, die an Schiffe erinnern – die ja auch Container sind. O-Ton GA: „Die ‚Grüne Infrastuktur‘ hat besonders in jenen Städten eine große Bedeutung als Standortfaktor, in denen der Anteil der Bevölkerung in Wirtschaft und Verwaltung mit überdurchschnittlich hohen Einkommen besonders groß ist.“ Im dazugehörigen Artikel gibt es noch mehr solcher halsbrecherischen sprachakrobatischen Verrenkungen. Aber keine Angst, eigentlich geht es immer nur um das eine, Vermarktung eben. Naja und dass man gern im Grünen wohnt, ist natürlich eine tolle wissenschaftliche Erkenntnis. Nur wenn da schon so ein Bürotrakt steht, dann geht das eben nicht mehr ..
Total grün dieser Bogen, dieser neubönnsche ..
Schotterwege wie abstrakte Bilder. Völlig überflüssige Kurven oder geschickt verkappte Zusatzstrecken (Bewegungstherapie!) für die Angestellten?
Lauter „grüne Stadtelemente“ am Rande der Autobahn (gute Anbindung) ..
Die Investitionszone liegt an einem beliebten Radwanderweg. Da lädt die Freiluftrestauration zum Verweilen ein .. bp
p.s.: Dass man die Erschließungsstraße des Gewerbegebiets nach Joseph Schumpeter genannt hat – einem bedeutenden Ökonomen, der in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts kurz an der Uni Bonn lehrte -, hat etwas Tiefsinniges. Gehört das Opus „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ doch zu Schumpeters Hauptwerken. Darin erläutert er die Entwicklung der Demokratie, die ökonomische Denkmuster bei der Analyse des politischen Prozesses verwendet, alsoKommerzialisierung des Alltags, des Denkens, der Sprache und so weiter .. An der nach ihm benannten Straße kann man besichtigen, wie das Kapital die Stadt formt.