Auweia! Nun ist alles noch weit dicker gekommen als ohnehin schon befürchtet. Über die Planung für die Ansiedlung eines Aldi-Marktes auf den Kleingärten Bonn-Süd in Kessenich wurde hier berichtet. Schon dies widerspricht dem „Einzelhandels und Zentrenkonzept“ der Stadt Bonn. Aber dieses Vorhaben ist nur Teil eines noch größeren, noch bedrohlicheren städtischen Projektes: Auf den dortigen Gärten sollen, geht es nach einer Bebauungsplanung der Stadt, fast flächendeckend Wohnhäuser entstehen. Ein Kahlschlag. Die Gartenanlage würde, wenn es so kommt, nahezu vollständig verschwinden. Seit kurzem informiert ein Infobanner, den die Gartennachbarin und Künstlerin Kirsten Treis entworfen hat, am Gartentor über diese trüben Aussichten ..
Diese Planung steht auch im Zusammenhang mit dem neuen Bahnhof „Bonn UN-Campus“, der im nächsten Jahr auf Höhe der Museen entstehen soll, für geschätzte anderthalb Millionen Ein- und Aussteiger jährlich. Da braucht man natürlich auch neue Straßen. Bahnhof, Wohnungen, Straßen, lauter nützliche Dinge. Was kann man dagegen schon sagen? Sehr viel! Ein vielfältiger innerstädtischer Freiraum für Menschen, Pflanzen und Tiere würde zerstört und versiegelt, das Stadtgefüge abermals verdichtet. Kurz vor Weihnachten war übrigens ein Journalist des Generalanzeigers da und hat sich die Gärten angesehen. Und obwohl es Winter ist und es wie aus Kübeln gegossen hat, war der Pressemann, der Kleingärten wohl nicht kannte, davon hellauf begeistert. Es ist eben ein einmaliges, wertvolles Stadtbiotop, um nicht zu sagen ein Gartenparadies ..
Wer sich einmal in Ruhe dort aufgehalten und die umherschwirrenden Vögel beobachtet hat (Eichelhäher, Haubenmeisen und ein Grünspecht hätten mich fast zum Birdwatcher gemacht), weiß, wovon hier die Rede ist. Und wenn man da so sitzt, in der Hängematte baumelt, sich mit dem Spaten bewaffnet oder sonst was tut, dann kühlt einen bei all der Gartenarbeit oft ein kräftiges Lüftchen. Denn es handelt sich, zusammen mit der Bahnstrecke, um eine urbane Schneise, durch die der Wind pfeifen kann. Was das im stickigen Bonn bedeutet, muss ich Einheimischen nicht erklären. Allein dies zu gefährden, wäre Frevel ..
Ob sich die Fachleute der Stadt, die vor gar nicht langer Zeit eine Freiraumplanung der Stadt erstellt haben, hier auch den Wind um die Nase wehen ließen? Jedenfalls spricht die Freiraumplanung der Stadt Bonn, die sie vorgelegt haben, in aller Deutlichkeit für den Erhalt der Gärten. Die Kleingärten in Bonn-Süd sind im „Integrierten Freiraumsystem“ der Stadt, kurz IFS, Teil der erhaltenswerten „Kernzone“ der innerstädtischen Grünflächen. Ihnen wird eine besondere Bedeutung hinsichtlich der innerstädtischen Erholung, der kleinklimatischen Belange sowie als Vernetzungs- und Pufferzone zugesprochen. Auch wenn diese Planung für die Stadt nicht bindend ist, wurde sie vom Grünplaner des Planungsamtes der Stadt Bonn erarbeitet und politisch abgesegnet.
Ganz aktuell hat die Stadt Bonn nun eine Kampagne zum Klimaschutz gestartet. Sie ist zwischen den Tagen auf Werbeflächen plakatiert: „Klar zur Wende. Gemeinsam das Klima schützen“ heißt es da. Richtig, es kann ja nicht immer nur um andere Kontinente gehen. Wir müssen auch vor unserer eigenen Haustür kehren und uns gegen das Zurückdrängen der Natur wehren. Aber das scheint am allerschwierigsten zu sein. Der Klimaschutz fängt in Kessenich an!
Argumentationshilfe findet sich darüber hinaus auch im taufrischen Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP. Da ist ab Seite 9 auch reichlich Öko drin (in Jamaica soll es ja auch ziemlich grün sein). Na also. Die Politiker wollen doch wohl ernst genommen werden, oder? Messen wir sie also an ihren eigenen Worten und Papieren. Und nehmen wir sie in die Pflicht!
Um noch mehr Bonnern die Gelegenheit zu bieten, die Gärten kennenzulernen, wäre es schön, im kommenden Jahr am „Tag der Offenen Gartenpforte“ teilzunehmen, der am 12. und 13. September stattfindet. Anmelden kann man sich hier. Einige haben bereits fest zugesagt. Die Bewerbungsfrist läuft im Januar ab. Auch wenn zur Zeit der Erhalt der Gärten im Vorgergrund steht, ist das eine schöne Gelegenheit, sich bei allen zu bedanken, die unser Anliegen unterstützen. Und es ist wichtig, dass möglichst viele, die sich gar nicht vorstellen können, worum es bei diesen Oasen geht, die Gärten kennen- und schätzenlernen. Dann dreht sich vielleicht der Wind gegen die geplante Bebauung – die ja nun auch nicht gleich übermorgen kommen wird. Wachsamkeit ist allerdings angesagt ..
Seit kurzem gibt es einen neuen Blog des Kleingarten-Vereins Bonn-Süd.